10.05.2025

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Gut für die Wirtschaft, gut für Taiwan

01.05.1996
Taiwans Wirtschaftsminister P.K. Chiang meint: "Es bringt uns über­haupt nichts, wenn wir unsere einheimischen Industrien übermäßig schützen. Tatsächlich erhöhen wir mit einer Zolltarifsenkung und Marktöffnung unsere Wettbewerbs­fähigkeit."

Taiwans Wirtschaftsminister P. K. Chiang (江丙坤) traf sich im Januar mit der englischsprachigen Monatszeitschrift Free China Review, um über die Veränderungen in der Wirtschaft, das Aufnahmegesuch in die WTO, das Ziel der Insel, zu einer wirtschaftlichen Drehscheibe in der asiatisch-pazifischen Region zu werden (der APROC-Plan der Regierung) und damit verbundene Fragen zu sprechen. Es folgen Auszüge:


Free China Review: Was sind die wichtigsten Wirtschaftsfragen für 1996?

Minister Chiang: Auf internationaler Ebene ist unser oberstes Ziel die Aufnahme in die WTO, denn sie ist die wichtigste Wirtschaftsorganisation der Welt. Eine Mitgliedschaft würde unsere Position auf internationalen Märkten sicher stärken können. Wir hoffen, in diesem Jahr alle für eine Aufnahme nötigen bilateralen Gespräche führen und die notwendigen Gesetze verabschieden bzw. ändern zu können, damit wir die geforderten Kriterien erfüllen. Ein wichtiger Punkt, der vor unserem Antrag noch zu klären ist, ist der Zeitplan für die Aufnahme Festlandchinas in die WTO. Sollte sich dessen Eintritt verzögern, betrifft das auch uns. Nichtsdestotrotz müssen wir unsere Vorbereitungen so schnell wie möglich abschließen.

Der zweite Punkt auf unserer internationalen Tagesordnung betrifft das Asiatisch-Pazifische Forum für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (Asia-Pacific Economic Cooperation Forum, APEC). Wir müssen einen Plan zur Liberalisierung von Handel und Investment ausarbeiten. Wenn wir uns in der Jahresmitte auf den Philippinen treffen, haben wir vor, einen gemeinsamen Aktionsplan vorzustellen. Das Treffen der Regierungsdelegationen ist für Mai geplant. Im September wird Neuseeland Gastgeber einer Handelskonferenz sein, und im November werden die APEC-Minister zusammenkommen. Diese Konferenzen sind für die Stärkung der wirtschaftlichen Öffnung und Zusammenarbeit in der Region von grundlegender Bedeutung. Der Republik China kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

Im Inland heißt unser Ziel, Taiwan zu einem regionalen Wirtschaftszentrum zu machen. Nur eine Weiterentwicklung der Industrie und eine Verbesserung des Investitionsklimas können dies herbeiführen. Diese zwei übergeordneten Ziele stehen im Einklang mit unseren Vorhaben, der WTO beizutreten und unsere Wirtschaft zu liberalisieren. Wir müssen an der Öffnung unserer Märkte und der Senkung unserer Zolltarife arbeiten. Das bedeutet, daß Produkte "Made in Taiwan" sowohl national als auch international unter stärkeren Wettbewerbsdruck geraten werden. Die Erhöhung unserer Konkurrenzfähigkeit wird vom Erfolg unserer industriellen Weiterentwicklung abhängen. Damit sind wir schon seit Jahren beschäftigt, aber der Prozeß kann nur so lange fortdauern, wie die Investitionsgelder fließen. Das gleiche gilt auch für alle weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen. Daher ist es ebenfalls äußerst wichtig, Investoren aus dem In- und Ausland anzulocken.


Wie steht es zur Zeit um Taiwans Aufnahmegesuch in die WTO? Welche Probleme würde eine Mitgliedschaft für die Wirtschaft mit sich bringen?

Es ist nicht nur eine Frage von sein oder nicht sein. Wenn wir der Organisation nicht beitreten, kommen wir nicht in den Genuß der vorteilhaften Zolltarife für die WTO-Mitgliedstaaten. In diesem Fall würden unsere Produkte an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und allmählich von den internationalen Märkten verschwinden. Um sicherzustellen, daß wir im Ausland fair behandelt werden, müssen wir in die WTO.

Es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir unsere einheimischen Industrien übermäßig schützen. Tatsächlich erhöhen wir mit einer Zolltarifsenkung und Marktöffnung unsere Wettbewerbsfähigkeit. Seit langem sind die USA unser Exportmarkt Nummer eins, und seit Jahren bekommen wir von dort Druck, unsere Importzölle zu reduzieren. Die Menschen hier haben diese Art der Einmischung zwar immer abgelehnt, aber sie hat zur Aufwertung unserer Industrie beigetragen. Der Druck von seiten der USA, Verstöße gegen das Urheberrecht zu bekämpfen und den Schutz geistigen Eigentums zu garantieren, hat das Wachstum unserer High-Tech-Industrie ebenfalls gefördert. Die Vorbereitungen für die Aufnahme in die WTO sind wie Sport - gut für unsere Gesundheit.

Die für eine Aufnahme notwendigen Verhandlungen haben wir größtenteils abgeschlossen, und es sind nicht mehr viele Punkte zu besprechen - nur Autos, Rind- und Hühnerfleisch, Regierungsausschreibungen und verschiedene Dienstleistungsbranchen stehen noch aus. Dies sind allerdings sehr problematische Bereiche. Hier müssen beide Seiten Zugeständnisse machen und einen Kompromiß schließen. Wir haben beschlossen, die Autoindustrie schrittweise zu liberalisieren und werden die Zolltarifsenkungen allmählich durchführen, damit unsere zwölf Autohersteller genug Zeit haben, sich auf die neue Situation vorzubereiten.

Wir sind im Grunde fast bereit für die Aufnahme in die WTO, aber wann genau wir beitreten können, ist schwer zu sagen. Das hängt vor allem von den derzeit noch laufenden Verhandlungen ab, und auf deren Zeitplan haben wir keinerlei Einfluß. Außerdem hat das Festland verlangt, zuerst aufgenommen zu werden, und ich glaube, daß die meisten WTO-Mitgliedsländer in diesem Punkt übereinstimmen. Da sich der Antrag des Festlands verzögert, müssen wir befürchten, daß unserer aus diesem Grund zurückgestellt wird. Im Moment konzentrieren wir uns auf die noch zu erledigenden Gesprächsrunden, und dann können wir über die Aufnahme verhandeln.


Wie erfolgreich verläuft der APROC-Plan bisher? Welches sind die größten Hürden, die seine Verwirklichung gefährden?

Der Plan ist kein auf ein Jahr angelegtes Projekt. Es ist ein langfristiges Vorhaben, das in Phasen aufgeteilt ist. Das Wirtschaftsministerium sorgt sich am meisten um die Industrie. Bis zum Jahr 2000 wollen wir ein Bruttosozialprodukt von 300 Milliarden US$ erreichen.

Was haben wir bisher erreicht? Natürlich floriert Taiwans Wirtschaft nicht nur aufgrund des APROC-Plans auch weiterhin. Sie gedeiht durch jahrelange Anstrengungen und eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Obwohl die meisten arbeitsintensiven Industrieunternehmen während des letzten Jahrzehnts ins Ausland abgewandert sind, hat weder die vorausgesagte Aushöhlung unserer gesamten Industrie noch eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit stattgefunden. Unser Außenhandel wächst. 1985 betrug das Volumen 50 Milliarden US$ und 1995 210 Milliarden US$. Die Zahlen für Außenhandel und Bruttosozialprodukt sind ein Zeichen dafür, daß sich unsere Industrie erfolgreich weiterentwickelt.

Seit 1987, als nach der Aufhebung des Kriegsrechtsgesellschaftliche Bewegungen auch die Wirtschaft beeinflußten, findet auf Taiwan ein großer Umwandlungsprozeß statt. Der NT-Dollar begann zuzulegen, eine aufgeblähte sogenannte "Ballonwirtschaft" entstand, und das Wachstum verlangsamte sich allmählich. Zwischen 1988 und 1994 lag die Wachstumsrate immer unter zehn Prozent. Doch im letzten Jahr überstieg das Exportwachstum 20 Prozent, und unsere Exporte nach Japan gingen um über 30 Prozent nach oben. Das sind alles Zeichen für eine erfolgreiche Entwicklung unserer Industrie.

Wir konnten ebenfalls eine erhöhte Investitionstätigkeit auf dem Privatsektor beobachten. Die IC-Industrie (IC = Integrated Circuits, zu dt. integrierte Schaltkreise) hat im Laufe der letzten Jahre mindestens 500 Milliarden NT$ (27 Milliarden DM) an Investitionskapital anziehen können. Die Investoren setzen hier großes Vertrauen in ihre Anlagen. Das Wachstum unserer Exporte, unserer Produktionsleistung und des Investitionskapitals sind Beweis genug für unsere Errungenschaften. Der APROC-Plan kann als einer der Kernfaktoren unserer jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung einen Teil dieser Erfolge für sich beanspruchen.

Die größte Hürde für den APROC-Plan ist unser Investitionsklima. Drei Probleme sind der Grund für seine Verschlechterung - zwei davon ökonomischer und eines nicht-ökonomischer Natur. Ein wesentliches Problem ist der Arbeitskräftemangel. Obwohl Taiwans Bevölkerung wächst, schrumpft die Zahl der Beschäftigten in der Herstellungsindustrie. Im Laufe der letzten sieben, acht Jahre ist die Beschäftigtenzahl in diesem Bereich um drei- bis vierhunderttausend Personen zurückgegangen. Die meisten davon wechselten in den Dienstleistungsbereich. Nicht genügend Bauern wechseln ihren Beruf, um die personelle Lücke im Herstellungsbereich zu stopfen. Die riesige Zahl der illegalen Hausierer und Akkordarbeiter trägt ebenfalls zur Arbeitskräfteknappheit bei. Wir müssen den Wert harter Arbeit stärker betonen und die Arbeitsbedingungen verbessern, um wieder mehr Leute für den Herstellungsbereich zu gewinnen.

Das zweite große wirtschaftliche Problem ist eine unzureichende Stromversorgung. Das vierte Atomkraftwerk würde schon längst in Betrieb sein, wäre da nicht der hartnäckige Widerstand einiger sogenannter Umweltschützer. Unser Stromverbrauch übersteigt das wirtschaftliche Wachstum bei weitem. Während der letzten sieben, acht Jahre ist die Kapazität nur um zwei oder drei Prozent gestiegen. Wir werden noch weitere zehn Jahre warten müssen, bis das Atomkraftwerk ans Netz geht, doch da wir jetzt Privatunternehmen erlauben, sich im Bereich der Stromversorgung zu engagieren, sollten wir bis 1997 oder 1998 die Nachfrage eingeholt haben, wenn sie ihre Kraftwerke fertiggestellt haben werden. In der Zwischenzeit müssen wir die begrenzten Stromquellen nutzen, indem wir sie gerecht unter den Privathaushalten, der Industrie, der Landwirtschaft und den Unternehmen aufteilen. Wir haben ein ähnliches Problem mit der Wasserversorgung. Hier müssen wir uns darauf konzentrieren, Verschwendung zu verhindern und nach neuen Quellen zu suchen, wie zum Beispiel mit dem Bau neuer Staudämme.

Das größte nicht-ökonomische Problem sind in meinen Augen die zunehmenden irrationalen Proteste, die aus einem Anti-Wirtschafts-Komplex resultieren. Der geplante Bau einer Erdölraffinerie und eines weiteren Atomkraftwerks stieß auf Widerstand im Namen des Umweltschutzes. Ich glaube aber, daß es vielen Aktivisten gar nicht um den Umweltschutz geht. Stattdessen demonstrieren sie, um Entschädigungen zu bekommen, oder sie tun es um des Protestierens willen. Diese Leute verstehen nicht, daß derartiger Widerstand ihnen letztendlich schaden wird, weil sie damit der ganzen Wirtschaft Schaden zufügen. Eine Rezession wird allen wehtun.

Woher rührt diese Einstellung gegen die Wirtschaft? Im Grunde ist sie eine Fehlinterpretation der wirtschaftlichen Entwicklung. Die meisten Leute denken, daß in Geschäfts- und Industriekreisen nur daran gedacht wird, sich selbst Gewinne zu verschaffen. Als die Regierung grünes Licht für den Bau der sechsten Erdölraffinerie gab, wurde sie dafür kritisiert, nur das Baukonsortium zu bevorteilen. Doch das entspricht nicht den Tatsachen. Die Formosa-Plastics-Gruppe besteht aus über 140 000 Investoren: Der Vorsitzende des Konzerns Wang Yung-ching besitzt nur neun Prozent der Anteile, und der Rest sind kleine und mittlere Unternehmen, die von ihm und dem von ihm erwirtschafteten Gewinn abhängig sind. Die Investoren und die Angestellten können Geld verdienen, und die Regierung kann jedes Jahr beträchtliche Steuersummen einnehmen. Im Endeffekt sind die wahren Nutznießer dieses Projekts die Regierung und die Arbeitnehmer.

Alle Industrien erzeugen Umweltverschmutzung, und damit müssen wir uns befassen. Aber solange ein Werk über Einrichtungen zur Kontrolle der Umweltverschmutzung verfügt, die dem nationalen Standard entsprechen, sollte ihm der Betrieb erlaubt werden. Wenn es die vorgeschriebenen Werte nicht einhält, muß es seinen Betrieb einstellen. Und wenn es zur gesundheitlichen Gefahr für die Bevölkerung wird, muß es bestraft werden und Entschädigungen an die Opfer zahlen. Es muß ein Gleichgewicht zwischen dem Umweltschutz und der wirtschaftlichen Entwicklung herrschen. Bei vielen der sogenannten Umweltschutzfälle handelt es sich allerdings um unsachlichen Widerstand; diese Leute wollen nur im voraus Entschädigungen erhalten.

Der Containerhafen von Kaohsiung ist der drittgrößte der Welt. Über ihn wird der größte Teil von Taiwans Im- und Exporten abgewickelt.


Viele Geschäftsleute sagen, daß ihre Wettbewerbsfähigkeit und Gewinne durch Taiwans übertrieben reglementierte Wirtschaft stark geschmälert würden. Was tut die Regierung dagegen?

Diese Frage betrifft auch unser allgemeines Investitionsklima. Die ausländischen Investoren haben Taiwans behördliche Effizienz sehr genau und kritisch überprüft. Es stimmt, daß wir strikte Bestimmungen für Investitions- und Geschäftstätigkeiten haben. In der Vergangenheit spiegelten die Gesetze eine Mentalität wider, die von der Vorbeugung gegen unlautere Praktiken und Korruption geprägt war. Daher gibt es bei uns einige extrem strenge Vorschriften, und den Beamten sind im Umgang mit Geschäftsleuten oft die Hände gebunden. Von der Perspektive der Privatwirtschaft aus betrachtet sieht es so aus, als wären die Beamten inflexibel und würden genau nach Buch handeln.

Die Änderung der Gesetze ist jedoch ein sehr schwieriger Prozeß, und der Exekutiv-Yüan betont, daß dafür außerordentliche Anstrengungen nötig seien. Es ist, als wollte man einen Berg versetzen. Für den Legislativ-Yüan wäre es besser, wie ein Unternehmensvorstand zu handeln, der die Geschäftsprinzipien und wichtigen Richtlinien festlegt und die Verantwortung für die Details den Managern überläßt. Häufig mischt sich der Legislativ-Yüan jedoch in die Managementfunktion der Regierung ein, indem er sich zu viel um die Details kümmert, die den Exekutiv-Yüan betreffen. Dies wirkt sich negativ auf die Gesetze aus, die er verabschiedet, und verlangsamt die allgemeine Funktionsfähigkeit der Regierung.

Zweitens müssen sich die Unternehmer mit zu vielen verschiedenen Regierungsstellen herumplagen. In den meisten Fällen haben sie es mit drei Regierungsebenen zu tun - der örtlichen, der provinziellen und der zentralen. Es ist wirklich eine Verschwendung von Zeit und Personal, und es schafft Probleme. Wir müssen die Autoritäten auf allen Regierungsebenen umverteilen, damit die Arbeit erledigt werden kann, ohne daß sich die Verantwortungsbereiche überschneiden.


APEC scheint Taiwan große Möglichkeiten zum Aufbau einer starken wirtschaftlichen Präsenz in der Region zu verschaffen. Was hat den größten Vorrang?

Für uns ist es die seltene Gelegenheit, einer so wichtigen internationalen Organisation anzugehören und als gleichwertiges Mitglied behandelt zu werden. Dies verdient unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Unsere Hauptaufgabe im APEC betrifft die wirtschaftliche Liberalisierung. In der Erklärung von Bogor (Indonesien) legten 1994 alle Mitgliedsländer als gemeinsames Ziel fest, für Industrieländer die Liberalisierung von Handel und Investition bis zum Jahr 2010 und für Entwicklungsländer bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Wir werden den Berg als Team erklimmen. Sollte einer zurückfallen, sind die anderen verpflichtet, ihm auf die Sprünge zu helfen, damit er wieder aufholt.

Der 1995 vereinbarte Stufenplan von Osaka ist zur grundlegenden Richtlinie für unser gemeinsames Ziel der Liberalisierung geworden. Jede Mitgliedsnation muß ihren eigenen Vorgehensplan vorlegen und Vorschläge für gemeinsame Projekte machen. Dann müssen wir einen Konsens erreichen. Bis zum Frühjahr 1996 sollte jedes Mitglied darlegen können, welche Art der Liberalisierungsmaßnahmen es ergreifen wird - das ist wie die erste Abzahlungsrate für einen gemeinsam getätigten Kauf.

Bei dem kürzlichen Treffen in Osaka widmeten alle Teilnehmer den landwirtschaftlichen Fragen besonders große Aufmerksamkeit. Zunächst hatten die USA kein großes Verständnis für unsere Agrarpolitik. Später übernahm Malaysia die Diskussionsleitung; damit vermieden wir (die Republik China), als erster ins Kreuzfeuer zu geraten. Alle Länder in dieser Region wollen Wohlstand, und die wirtschaftliche Liberalisierung wird bei der Verwirklichung dieses Ziels ein Schlüsselfaktor sein. Es ist daher unbedingt notwendig, daß wir an der Liberalisierung unseres eigenen Marktes arbeiten.

Wir sprechen hier auch von einer wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit in der Region. Hier kann die Republik China eine wichtige Rolle spielen. Die Hälfte der APEC-Mitglieder sind Entwicklungsländer. Könnten die Erfahrungen der USA oder Japans ihnen helfen? Diese beiden führenden Wirtschaftsmächte sind viel weiter fortgeschritten als die Entwicklungsländer Asiens. Ich glaube, daß es den APEC-Ländern leichter fallen würde, sich an der Erfahrung Taiwans zu orientieren, weil wir uns in der gleichen Region befinden und erst in jüngster Zeit zur Industrienation aufgestiegen sind.

Seit einigen Jahren betreibt die Republik China eine "Auf nach Süden"-Politik, mit der unsere Unternehmer angeregt werden sollen, ihre Investitionen in die südostasiatische Region zu verlagern. Unsere dortigen Investitionen haben zur Schaffung vieler Arbeitsplätze beigetragen, und unsere technische Hilfe kam den kleinen und mittleren Betrieben dort zugute. Wir können auf diesen Gebieten beträchtliche Beiträge leisten. Auf der anderen Seite braucht unser Land Hilfe auf den Gebieten Energieversorgung und Fischerei. Wir wollen von den Ländern lernen, die in diesen Bereichen weiter sind als wir.


Wie steht es um die "Auf nach Süden"-Politik?

Diese Politik verfolgt zwei Hauptzielsetzungen. Die erste ist, Investoren davon abzubringen, sich zu stark in Festlandchina zu ballen, was für uns dazu führen könnte, daß wir unseren Vorteil bei den Verhandlungen zwischen den beiden Seiten der Taiwanstraße verlieren. Zweitens gibt es in den Ländern Südostasiens ein riesiges Arbeitskräftepotential und üppige Bodenschätze. Wenn wir diesen Ländern bei ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unter die Arme greifen, profitieren auch wir davon. Wir können unsere Exporte erhöhen und die gegenseitigen Beziehungen verbessern, was wiederum unsere nationale Sicherheit stärken wird.

Die größte Schwierigkeit für taiwanesische Unternehmen in Südostasien ist die Finanzierung ihrer Projekte, aber wir regen die Banken in der Republik China dazu an, dort Niederlassungen einzurichten. Um den Mangel an qualifiziertem Managementpersonal in der Region zu überwinden, haben wir ein Programm eingeleitet, in dessen Rahmen Leute für eine zweijährige Managementausbildung hierherkommen. Sie können als Manager taiwanesischer Unternehmen in ihre Heimat zurückkehren oder Kredite beantragen, um selbst Firmen zu gründen. Die dritte Schwierigkeit - adäquate Ausbildungsmöglichkeiten im Ausland für die Kinder der taiwanesischen Geschäftsleute - wird zur Zeit durch die Eröffnung vieler chinesischer Schulen behoben.

Für uns ist der Südostasienhandel nicht unwichtiger als der mit den USA, Europa oder Japan. Unser Investitionsvolumen in der Region beläuft sich bisher auf 27 Milliarden US$, und wir schaffen enorm viele Arbeitsplätze. In den meisten dieser Länder beträgt das Wirtschaftswachstum acht Prozent, und dazu haben auch wir unseren Teil beigetragen. Wir haben jetzt engere Beziehungen zu den Ländern Südostasiens, was auch politisch vorteilhaft ist. Wirtschaftlich entwickelt sich die Region allmählich zu einem der für uns wichtigsten Märkte. Sie macht bereits 11 Prozent unseres Exportvolumens aus und ist damit für uns schon genau so groß wie der japanische Markt.

(Deutsch von Christiane Gesell)

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